Die Bürgerinitiative Umweltschutz Kehl e.V. hat eine Stellungnahme im Beteiligungsverfahren des Eckpunktepapiers Landesentwicklungsplans am 25.10.2024 abgegeben.
Vereine und Privatpersonen können ihre Meinung äußern. Die BI fokussierte auf das Thema „Reduzierung des Flächenverbrauchs“.
Sie begrüßt grundsätzlich das Bemühen um Reduktion des Flächenverbrauchs. Über den Umgang des Landtags mit dem Volksantrags „Ländle leben lassen“ sind wir enttäuscht. Es bleibt der Eindruck, dass die Landesregierung eher ein „weiter so!“ verfolgt als die Umsetzung der selbst gesetzten Ziele. Das schmälert das Vertrauen der Bürger in die regierungstragenden Parteien.
Bei der Innenentwicklung müssen, bei allem Bemühen um Flächen- und Bodenverbrauch im Außenbereich, Grünflächen erhalten bleiben sowohl unter dem Aspekt der Biodiversität als auch unter dem Aspekt des Klimawandels, sowohl als „grüne Lunge“, die saubere Luft und Kühlung bringt, als auch unter dem Aspekt der „Schwammstadt“.
Wir beobachten im Raum Kehl und andernorts, dass immer noch große Einkaufsmärkte, vordergründig zur Nahversorgung, mit vielen Parkplätzen gebaut werden, Tatsächlich bestimmen aber die großen Handelsgesellschaften über ihre Anforderungen an die Größe darüber, ob eine Nahversorgung gesichert wird oder nicht. Noch konsequenter als bisher müssen zur Reduktion des Flächen-und Bodenverbrauchs mehrere Nutzungen auf der gleichen Fläche geplant und genehmigt werden (z.B. Photovoltaik nicht nur auf Dächern sondern auch auf Parkplätzen, Dächern öffentlicher Gebäude, Lärmschutzwänden, Gewerbegebieten. Über Supermärkten sollten Räume für Wohnungen und Büros vorgeschrieben werde, Anstelle großflächiger Parkplätze sollten kompakte „Parkhäuser“ zur Vorschrift gemacht werden. .
Wir stehen für eine strengere Bedarfsprüfung (vgl. Kanton Basel) beim Ausweis neuer Baugebiete oder Gewerbeflächen. Oftmals reicht bei den Entscheidungsträgern ein undifferenziertes „Es fehlen Wohnungen“ oder es werden immer noch Gewerbegebiete „auf Verdacht“ ausgewiesen, ohne dass es konkrete Vorverträge mit Interessierten gibt. Die Bedarfsnachweise sollten möglichst konkret und transparent geführt werden, damit die Bürgerinnen und Bürger die Begründung für den Verbrauch von Boden nachvollziehen können.
– Bezahlbarer Wohnraum sollte stadtplanerisch in der Nähe der Arbeitsplätze, Kitas, Schulen, Pflegeheime, Krankenhäuser, Nahversorgung vorhanden sein oder bei Bedarf neu entstehen. Dem gegenüber gibt es (preisgünstige) Neubaugebiete im ländlichen Raum oder am Stadtrand mit der Folge eines hohen Pendelverkehrs. Zudem gibt es noch viele leerstehende Wohnungen / Gewerbeflächen / Läden. Mit einem Leerstandskataster und einer Leerstandsabgabe könnte der Druck auf die Eigentümer erhöht werden. Zugleich könnten die gesammelten Informationen für den Bedarfsnachweis neuer Bauflächen verwendet werden.
Es wird in der Regel der „Flächenverbrauch“ thematisiert, nicht jedoch der unumkehrbare Verbrauch von „Boden“, der über viele Generationen der Bevölkerung als Grundlage für Nahrungsmittel diente. Es ist zu beobachten, dass in Abwägungsprozessen die Hinweise der Landwirtschaftsämter auf das Bodenschutzgesetz oder auf die Vorrangfluren I und II lediglich „zur Kenntnis genommen“ … und übergangen werden.
Daraus leitet sich unsere Empfehlung ab: Je hochwertiger die Bodenqualität (z.B. Vorrangfluren von Ackerböden), desto geringer sollte der Flächenverbrauch sein. Stattdessen führt der „Nachhaltigkeitscheck des Landes Baden-Württemberg beim Flächenverbrauch für Baugebiete die Kategorie „Biodiversität“ ein, mit dem Ergebnis, dass hochwertige Ackerböden unter dem Maßstab der Biodiversität zu „geringwertigen Ackerflächen“ mutieren und dies im Nachhaltigkeitscheck dann positiv zu Buche schlägt. Bodenversiegelung ist schwer rückgängig zu machen, erhöht Risiken für Überschwemmungen und führt zur Wegnahme des Bodens aus landwirtschaftlicher Nutzung, sei es zur Lebensmittelproduktion sei es zur Produktion von Stoffen zur Gewinnung von Bioenergie (z.B. Mais.)
Der Landwirtschaft werden durch neue Baugebiete, durch damit verknüpfte Ausgleichsmaßnahmen, zur Generierung von Ökopunkten aber auch für Hochwasserschutzmaßnahmen, Rückhaltebecken oder Polder auf Dauer entzogen. Im Landesentwicklungsplan sollte daher unsere Ernährung aus lokaler oder regionaler Produktion berücksichtigt und gewährleistet werden. Dies nicht nur für den Krisenfall!
Wir befürworten das Bauen entlang der Verkehrsachsen – sofern ein Neubau und die einhergehende Flächenversiegelung für Gebäude und für die Verkehrserschließung unabwendbar sind. Im Gegenzug zur Flächen-und Bodenversiegelung könnten Maßnahmen zur Entsiegelung von Plätzen, Schulhöfen, Gewerbegebieten initiiert und in gleichem Maß, wie die Versiegelung mit öffentlichen Geldern gefördert wird, auch für den Rückbau zurückgestellt werden. Da ‚Ja zur Verkehrswende‘ muss nicht unbedingt zu weiterer Versiegelung führen. Verlangsamung der Geschwindigkeit, Reduzierungen der Autofahrspuren, geschickte Verkehrsführung, Umwidmung von PKW-Parkplätzen schaffen Platz und Sicherheit für Fuß- und Radverkehr, ohne neue Flächen in Anspruch zu nehmen.
Die Entwicklung von Neubaugebieten mit Ein- und Zweifamilienhäusern sowie der zugehörigen Infrastruktur (Kindergärten, Schulen etc.) zeigt, dass nach der ersten Generation und Wegzug der Kinder häufig eine hohe, manchmal unfreiwillige Inanspruchnahme von Wohnfläche durch (verwitwete) Singles besteht. Mit generationenübergreifenden Wohnangeboten unter Berücksichtigung aller Lebenslagen Generationenübergreifendes Wohnangebot, Berücksichtigung von allen Lebenslagen in der Stadtplanung könnte der Flächen- und Bodenverbrauch reduziert werden.
Seit Jahren werden von den Kommunen an Autobahnauffahrten große Gewerbegebiete für Logistikzentren ausgewiesen mit einhergehendem Flächen- und Bodenverbrauch ohne nennenswert Arbeitsplätze zu schaffen. Bei Fehleinschätzungen des Flächenbedarfs oder Unverkäuflichkeit werden die Gewerbegebiete gelegentlich auch „verramscht“.Demgegenüber muss der Landesentwicklungsplan den Schienen- und Schiffsgüterverkehr sowie angepasste, nachhaltige Formen der Logistik fordern und fördern.